Außenpolitisch gibt die EU kein gutes Bild ab, wie drei Beispiele belegen: Im Syrien-Konflikt nimmt sie bei Verhandlungen nur eine marginale Rolle ein. Im Umgang mit Russland, das die Souveränität und territoriale Integrität seiner Nachbarn missachtet, sprechen wir kaum mit einer Stimme. Bei Ceta und TTIP blamieren wir uns vor engsten Partnern. Dies ist dauerhaft schädlich für unser Image und bedroht Sicherheit und Wohlstand. Die Entscheidungsmöglichkeiten des Lissabon-Vertrages müssen daher voll genutzt werden und dürfen nicht der Angst nationaler Regierungen vor Populisten geopfert werden. Politischer Wille und Führung sind jetzt gefordert.
Zugespitzt formuliert sind Terroranschläge und Flüchtlingsströme auch Folgen der lange versäumten Weiterentwicklung unserer gemeinsamen Außen-, Entwicklungs- und Sicherheitspolitik. Den Mitgliedstaaten ist es misslungen, frühzeitig auf die Herausforderungen einer sich verändernden Welt zu reagieren. Nun aber erkennen sie: »Wir benötigen die EU, um nicht nur Frieden und Demokratie, sondern auch die Sicherheit unserer Bürger zu gewährleisten«, wie es in der Bratislava-Erklärung des Europäischen Rates heißt. Der Bratislava-Prozess wird ohne britische Blockaden im Jahr 2017 zu großen Fortschritten führen. Die deutsch-französische Initiative hat die Entwicklung vorangetrieben. Der Aufbau des Europäischen Auswärtigen Dienstes, die wesentliche Rolle bei den Iran-Verhandlungen sowie die Koordinierungsrolle bei der UN und beim Pariser Klimaabkommen zeigen das EU-Potenzial. EU-Außenbeauftragte Mogherini hat in ihrer »Globalen Strategie« die Säulen Diplomatie, Entwicklung und Verteidigung als Basis der EU-Außenpolitik genannt.
Die EU steht vor enormen außen- und sicherheitspolitischen Herausforderungen, die sich in Form von Kriegen in unserer Nachbarschaft, Terroranschlägen und Flüchtlingsströmen direkt auf uns Europäer auswirken. Sicherheit schaffen können wir jedoch nur gemeinsam.
Elmar Brok
Als Verfechter von Demokratie, Freiheit und Menschenrechten hat die EU enormes Potenzial im Bereich der Diplomatie, als weltweit größter Entwicklungshilfegeber besitzt sie zudem wichtige Hebel zur Bekämpfung der Ursachen von Terrorismus und Massenflucht in Afrika und im Nahen Osten. Jedoch müssen wir die Wirksamkeit unserer Politik kritisch prüfen. Dazu gehört es, innere und äußere Sicherheit mit Handels- und Entwicklungspolitik zu einer kohärenten Politik zusammenzuführen.
Die EU braucht endlich hard power
Unser volles Potenzial werden wir nur durch Kombination unserer konkurrenzlosen soft power mit einer bislang weitgehend fehlenden hard power nutzen können. Hierzu gehören die Ständige Strukturierte Zusammenarbeit, die Nutzung der EU-Battlegroups komplementär zur Nato, eine effektivere Krisenreaktionsfähigkeit durch den Aufbau eines ständigen zivil-militärischen Hauptquartiers sowie die Freisetzung enormer Synergiepotenziale durch intensivere militärische Kooperation bei der Güterbeschaffung und der Zusammenlegung von Fähigkeiten und Einheiten.
Die EU-Staaten geben mit 200 Milliarden Euro mehr Geld aus als Russland und haben mehr Soldaten als die USA – das Resultat ist mit Overheadkosten von bis zu 80 Prozent jedoch katastrophal.
Elmar Brok
EU-Staaten geben mit 200 Milliarden Euro mehr Geld aus als Russland und haben mehr Soldaten als die USA – das Resultat ist mit Overheadkosten von bis zu 80 Prozent jedoch katastrophal.
Die nutzlose alleinige nationale Perspektive verlassen
Die EU muss selbst die Verantwortung für die Sicherheit ihrer Bürger übernehmen; Umfragen hierzu zeigen seit Jahren eine hohe Zustimmung in der Bevölkerung. Jedoch müssen die Mitgliedstaaten die nutzlose alleinige nationale Perspektive verlassen; nur gemeinsam bekommen wir die Herausforderungen in den Griff. Die EU ist stärkste Wirtschafts- und Handelsmacht der Welt, größter Geber von humanitärer und Entwicklungshilfe sowie Vorreiter im Umgang mit globalen Herausforderungen wie Klimawandel oder Durchsetzung von Menschenrechten. Dies muss in eine klare Strategie und Sprache übersetzt werden.
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